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28. Mai 2019 2 28 /05 /Mai /2019 21:11

Da reibt sich jetzt mancher die Augen. Obwohl: die Prognosen zur Europawahl lagen ja ziemlich richtig. Was wieder mal zeigt, dass die Befragung einer Handvoll repräsentativ ausgewählter Leute genügt, das gruppenspezifische (Wahl-)Verhalten der gesamten Bevölkerung vorherzusagen.

Europa ist also dabei, sich neu zu erfinden. Ich finde das toll: Nicht nur die kräftig erhöhte Wahlbeteiligung, sondern das Europa-begeisterte Engagement einer politisch aktiven Zivilbevölkerung, und besonders der Jugend. Sie haben es geschafft, den Fokus weg von den politisch hochgejubelten Flüchtlingsproblemen hin auf die Klimaerhitzung, also auf die Zukunft unseres Planeten zu richten.

Das Internet war dabei sicher ein wichtiges Informations- und Kommunikations-Instrument, das besonders die jüngeren Mitbürger zur politischen Mitgestaltung ihrer Zukunft nutzen. Dass AKK da schon wieder über Einschränkungen der Meinungsfreiheit nachdenkt, wird ihr und der Union wenig Freunde machen. Freilich muss auch vor den Manipulationsmöglichkeiten der neuen Medien durch virtuelle Armeen von Trollen, Social Bots und Fake-Fabriken gewarnt werden. Kritische Medienkompetenz zu fördern, scheint mir im Zeitalter der Digitalisierung in Schule und politischer Bildung wichtiger als die technische Ausstattung mit der neuesten Hardware, die schnell veraltet.

Die neue Europabegeisterung verdanken wir aber weniger unseren etablierten Parteien als der durchschauten Angstmache und Realitätsverdrehung der nationalistischen Rechtspopler, deren Manipulations-Saat nur sehr bescheiden aufgegangen ist: Vor allem im neoliberalen Frankreich und im tatsächlich vom Flüchtlingsproblem am stärksten betroffenen Italien. Aber die Lega muss ihren Wahlerfolg nun mit massiven Koalitionsproblemen bezahlten: Der 5-Sterne-Bewegung sind mindestens drei Sterne aus der Krone gefallen, weil sie alle Grausamkeiten Salvinis unbedenklich mitgetragen hat. Die Wähler haben sie vom 1. auf den 3. Platz zurückgestutzt, während die sozialdemokratische PD mit fast 23% wieder auf Platz 2 vorgerückt ist.

Die bittere Lehre aus ihrer Anwanzung an die Rechts-Alternativen mussten auch der gestürzte Kanzler Kurz in Österreich und die CSU bei der letzten Landtagswahl schlucken. Wobei der wendige Kreidefresser Söder die Notbremse gezogen hat, ehe die als „tiefdunkelrot“ verteufelte SPD davon profitieren konnte. Jetzt wird sie gebraucht und umworben, um den CSU-Mann Weber, der vor der Europawahl vor einem „linken Umverteilungs-Europa“ gewarnt hatte,  gegen den in den Niederlanden erfolgreichen Sozialdemokraten Frans Timmerman als EU-Kommissionspräsidenten durchzusetzen, also als künftigen europäischen  Regierungschef.

Unsere Volksparteien wurden abgestraft, weil sie die Zeichen der Zeit nur verbal  akzeptieren, ohne entsprechend klar und deutlich zu handeln. Das wird sich nun ändern müssen, bei Strafe des Untergangs. Es zeugt allerdings von wenig Lernfähigkeit, wenn bei der SPD schon wieder neue Führungsköpfe gefordert werden, anstatt entschiedener für eine soziale, friedliche und unsere Lebenswelt schützende Politik zu kämpfen.

Apollo entreißt Hermes die Lyra

Ein Beispiel, dass jugendliche Netz-Nutzer auch auf die Eigeninteressen-geleitete Manipulation der großen Internetkonzerne hereinfallen können, war die Kampagne gegen die neuen Urheberrecht-Empfehlungen des Europäischen Parlaments (Kampfbegriff: „Upload-Filter“). Dazu passt ganz gut das Titelbild meines in Vorbereitung befindlichen neuen Buches „Mit Haut und Harfe“: Apollo, der Gott des Lichts und der Schönen Künste, entreißt Hermes, dem Gott der Kaufleute und Diebe, die Lyra, die der erfunden hatte. - Dafür bekam er einen Zauberstab, mit dem er die Leute einschläfern und ihnen Botschaften in ihre Träume schicken konnte.

(Wandbild in der griechischen Villa Kérylos an der Cote d’Azur)

 

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19. März 2019 2 19 /03 /März /2019 18:14
Die Geister die Don Pedro rief...

Die Geister die Don Pedro rief...

„Trau keinem über 30!“

Ein Alt-68er erzählt von der politisch bewegten Zeitenwende vor 50 Jahren

Mann, ein halbes Jahrhundert sind die jetzt schon her, diese wilden, unruhigen Jahre der jungen Bundesrepublik! Obgleich sich seither unglaublich viel verändert hat, ist mir oft, als ob manches Polit-Happening, Go-in, Sit-in oder Teach-in erst gestern gewesen wäre. „Trau keinem über 30!“ hieß damals eine der Parolen der aufmüpfigen Kinder von Marx und Coca Cola.

Ich war 31, typischer Spätentwickler, mit snobistischer englischer Sportkarosse ("Froschauge sei wachsam") und Redakteur bei einer erzkonservativen Tageszeitung. Da kriegte man berufsbedingt manches Politspektakel aus nächster Nähe mit. Aus aufmerksamer Beobachtung wurde Sympathie, was prompt ein Jahr später zu meinem Rauswurf führte. Inkonsequenter Weise ("wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment") hab ich im selben Jahr geheiratet und so eine spießig-verpönte Kleinfamilie gegründet. In den 70ern wurden meine vier Töchter geboren. Die studentenbewegte Zwischenzeit hab ich freijournalistisch und mit einem Soziologie-Pädagogik-Studium gefüllt. Wollte trotz überschrittenem Verfallsdatum unbedingt noch zu dieser rebellischen Studenten-Generation gehören und mit ihr die Welt retten... Meine erste politische „Heldentat“: Mit einem befreundeten Maler haben wir aus Pappe Straßenschilder angefertigt und in der Nacht zum 1.Mai 68 klammheimlich die Nürnberger Kaiser- und Königsstraße mittels Spitzbuben-Leiter und Pattex umgetauft in Volks- und Arbeiterstraße.  

Die Befreiung vom autoritären Mief der Adenauer-Jahre begann meist damit, dass wir uns nach dem Vorbild der Hippies, der kalifornischen Blumenkinder („Lets go to San Franzisco“) die Haare und den Bart wachsen ließen. (Dass die jungen Leute heute nicht mal vor der haarlosen Totalverstümmelung, sprich Achsel- und Schamhaar-Rasur, zurückschrecken, hätten die 68er damals als Indiz für den Kultur-Imperialismus der USA gedeutet). Die Liverpooler „Beatles“ hatten in Hamburg ihre einzigartige Musik-Revolution begonnen. Der innige Paar-Tanz der 50er mit Petticoat-Abstandssicherung mutierte zur individuellen Solo-Performance. Die Disco, in der ich meine spätere Ehepartnerin erstmals zum Tanz aufforderte, hieß „Crazy Horse“. Wir tanzten mit leidenschaftlicher Hingabe, aber ohne jeden Körperkontakt zu dem Herman’s-Hermits-Ohrwurm „No Milk Today“.

Bereits die Langhaarigkeit führte damals zu ungeahnten Konflikten mit der konservativen Kleinbürger-Welt: Als „ungewaschene Gammler“ wurden wir beschimpft, in Gaststätten von exakt gescheitelten Kellnern ignoriert, ums Verrecken nicht bedient, von Arbeitgebern abgemahnt. Sah so nach den Jahren der Nazidiktatur die neue Freiheit aus, die uns das Grundgesetz versprach?

Wir trugen zu unseren Jeans (noch ohne zerfetzte Inneneinsicht) olivgrüne Militär-Parkas mit Peace-Zeichen und aufgemalten Hippie-Sprüchen. „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ (ein Song der Berliner Anarcho-Band „Ton, Steine, Scherben“, gemanagt von der heutigen grünen Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth), war ein beliebter Slogan. Mir gefiel besonders – es war die Zeit des barbarischen Vietnam-Krieges - der Spruch „Make love not war“. Von meiner Zeitung zu einer Flottenparade nach Kiel geschickt, hatte ich den dezenten kleinen Button an meiner Outdoor-Jacke. Arglos schlurfte ich mit der wetterfesten Demo-Bekleidung über das Deck einer Fregatte der Bundesmarine, als mich aus heiterem Himmel eine Sturmflut über Bord zu spülen drohte. Der orkanartige Redeschwall wüster Beschimpfungen kam von einem bulligen Journalisten-Kollegen, dessen Bierbauch sich bei jedem Satz aufpumpte wie die Kehle eines balzenden Ochsenfroschs. Meine Verblüffung legte sich rasch, als mich Kollegen grinsend aufklärten: „Mach dir nix draus, der ist vom CSU-Parteiblatt „Bayernkurier“! Das Erlebnis beschleunigte sowohl meinen politischen Lernprozess als auch meinen Abschied vom Zeitungsjournalismus, denn ausgerechnet in die Bayern-Redaktion wurde ich danach strafversetzt .

Zu lernen gab es in diesen Tagen so manches. Bei einem „Schah-Happening“, das der Kabarettist Horst W. Blome  in der Nürnberger Innenstadt veranstaltete, vergnügte sich das persische Kaiserpaar, das gerade auf Staatsbesuch durch die Republik turtelte, in einer schnuckeligen Hochzeits-Suite. Bekannte Politiker mit überdimensionalen Pappmaschee-Köpfen tanzten um sie herum und verkündeten: „Der Schah ist ein nettes Kerlchen!“

Bald jedoch wurde aus dem Spaßtheater blutiger Ernst. Dem smarten Schah Mohammad Reza Pahlavi hatten die USA und ihr Geheimdienst CIA im Iran zur diktatorischen Macht verholfen, nachdem der demokratisch gewählte Ministerpräsident Mosadegh weggeputscht worden war. Der war so ungezogen gewesen, die ausländischen Ölfirmen zugunsten seines Volkes enteignen zu wollen. Der SDS, der Sozialistische Deutsche Studentenbund, informierte damals in Berlin zusammen mit dem persischen Regimekritiker und Buchautor Bahman Nirumand über das iranische Unterdrückungsregime. Nachfolgende Protestdemonstrationen gegen den Schah-Besuch wurden von sogenannten Prügel-Persern niedergeknüppelt und von 4000 Polizisten mit Wasserwerfern und Reizgas auseinander getrieben. Polizeiliche Greifkommandos in Zivil verfolgten flüchtende Studenten prügelnd bis in Nebenstraßen und Hinterhöfe.

Wanderer, kommst du heute nach Berlin, dann kannst du an der Deutschen Oper unter einem Bronzerelief des Wiener Bildhauers Alfred Hrdlicka lesen: „Am 2. Juni 1967 wurde der Student Benno Ohnesorg im Hof des Hauses Krumme Straße 66 während einer Demonstration gegen den tyrannischen Schah des Iran von einem Polizisten erschossen. Sein Tod war das Signal für die beginnende studentische und außerparlamentarische Bewegung, die ihren Protest gegen Ausbeutung und Unterdrückung besonders in den Ländern der Dritten Welt mit dem Kampf um radikale Demokratisierung im eigenen Land verband.“

Was hatte die Studenten damals nicht nur in Deutschland so rebellisch gemacht, dass man glaubte, ihrer phantasievollen, lautstarken, aber friedlichen Protestbewegung nur mit staatlicher Härte Herr werden zu können? Da war zunächst der völkerrechtswidrige, zunehmend brutalere Bomben- und Chemiewaffen-Krieg der USA gegen das kleine vietnamesische Volk, das 30 Jahre um seine Einheit und Befreiung von kolonialer Ausbeutung kämpfte. Philosophen wie Bertrand Russell (Großbritannien), Jean Paul Sartre (Frankreich) und Herbert Marcuse (USA) prangerten ihn auf internationalen Tribunalen als Völkermord an. Weltweit skandierten Studenten bei Massendemonstrationen, untergehakt und im Laufschritt, den Namen des nordvietnamesischen Führers: „Ho-Ho-Ho Tschi Minh“. Und auch in den USA selbst tauchten wie nie zuvor protestierende „Heere aus der Nacht“ (so ein Tatsachenroman von Norman Mailer) auf. Die Kriegsmüdigkeit der US-Bevölkerung wuchs mit der Zahl getöteter amerikanischer Soldaten. Am Ende waren es 58.220. Aber zwei bis fünf Millionen tote und zahllose verstümmelte und vom Monsanto-Unkrautvernichter Agent Orange vergiftete Vietnamesen waren der Blutzoll für Vietnams Unabhängigkeit.

Und dann gab es diese skrupellose Zusammenarbeit mit faschistischen Diktaturen wie dem NATO Partner Franko-Spanien, Militär-Regimen in Griechenland und vor allem in Südamerika, die unsre westlichen Demokratien moralisch unglaubwürdig machte. Auf der anderen Seite wurden Kubas siegreicher Revolutionsführer Fidel Castro und sein Kampfgefährte Che Guevara zu Idolen der Studentenbewegung. Der „Kalte Krieg“ zwischen den System-Blöcken samt ihren atomaren Overkill-Potenzialen waren Anlass für Anti-Atomtod-Kampagnen und Friedens-Ostermärsche.

Am Anfang richtete sich die antiautoritäre Studentenbewegung nur gegen den „Muff aus tausend Jahren unter den Talaren“ professoraler Hochschul-Hohepriester. Den Soundtrack lieferten Joan Baez und Bob Dylan, Elvis Presley (der seinen Wehrdienst in der BRD absolvierte) und die Stones. In Deutschland waren politische Liedermacher wie Degenhardt („Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“) und Süverkrüp („Lied vom Krypto-Kommunisten“) populär. Den knallbunten Farbhintergrund verliehen die Pop Art und Kultfilme wie „Blow up“. Hetzartikel in Springers BILD und anderen Presse-Imperien sorgten für Eskalation. Die gipfelte am 8.April 68 in den Schüssen des jungen Neonazis Josef Bachmann auf Studentenführer Rudi Dutschke und der darauf folgenden „Enteignet Springer!“- Kampagne. Gewaltsam wurde die Auslieferung der BILD-Zeitung blockiert. Der Verfassungsschutz-Spitzel Peter Urbach verteilte dafür die Brandsätze!

Die hysterischen staatlichen und publizistischen Reaktionen waren bezeichnend für die gesellschaftlichen Verhältnisse im Nachkriegsdeutschland. Nicht nur das juristische Personal sondern auch viele Gesetze waren aus der Nazi-Zeit übernommen worden. Vorehelicher Geschlechtsverkehr („Unzucht“) und Homosexualität (§ 175) wurden juristisch verfolgt. Vermieter wie Mieter, zum Beispiel Eltern, wurden wegen „Kuppelei“ mit Gefängnis bedroht, wenn sie unverheiratete Paare in ihrer Wohnung übernachten ließen. Das patriarchalische Eherecht (Ehefrauen durften nur berufstätig sein, wenn sie ihre „hausfraulichen Pflichten“ nicht vernachlässigten) wurde erst 1976 von der sozial-liberalen Koalition durch ein partnerschaftliches abgelöst.

Der gängige Erziehungsstil war autoritär und gewalttätig. Erst 1980 wurde in Bayerns Schulen (1968 noch konfessionelle Bekenntnisschulen!) die Prügelstrafe abgeschafft, das Recht der Eltern, ihre Kinder körperlich zu züchtigen, erst im Jahr 2000! Elterninitiativen reagierten mit der Gründung „antiautoritärer Schüler- und Kinderläden“. Aufmüpfige Kinder und Jugendliche wurden in sogenannte Erziehungsheime gesteckt, wo - wie wir heute wissen - Sadismus und sexueller Missbrauch an der Tages- und Nachtordnung waren. Die Journalistin und spätere RAF-Terroristin Ulrike Meinhof hat darüber schon sehr früh ein Aufklärungs-Theaterstück verfasst, mit Aufruf zur Gegenwehr: „Bambule!“ In Nürnberg fand im März 1970 der 4. Deutsche Jugendhilfetag statt, auf den sich eine „Sozialistische Aktion“ um den Berliner SDS-Pädagogen und Soziologen Reinhart Wolff (einer der drei „Roten Wölfe“: Seine Brüder Frank und K.D. waren SDS-Bundesvorsitzende)  in Arbeitsgruppen vorbereitet hatte und den sie mit radikaler Gesellschaftskritik politisierte. In der abschließenden Pressekonferenz musste die Tagungsleitung auf meine Nachfrage hin ihren Vorwurf einer angeblich „verfassungsfeindlichen“ Unterwanderung zurück nehmen. Der „Marsch durch die Institutionen“ hatte begonnen. Professor Reinhart Wolff wurde 2005 das Bundesverdienstkreuz verliehen!

 

Auch der traditionalistisch-verstaubte „Bund Deutscher Pfadfinder“ entging nicht dieser linken „Unterwanderung“. Im April 68 lieferten sich auf dem Dörnberg bei Kassel rund 300 Stammesführer heftige Auseinandersetzungen um eine anti-autoritäre Ausrichtung, neue Wege und Ziele des Verbandes. Als ein großer Teil von ihnen spontan in Kassel an einer Demo gegen den Dutschke-Anschlag teilnahm, machten die Kritiker dagegen Stimmung mit dem Slogan „Pfadfinder unter roten Fahnen“. 1969 wurde in Hannover ein Arbeitskreis „Politisches Mandat“ beschlossen. Bei den Frankfurter Tagen des BDP im Mai gab es ein Seminar zu Problemen der Gesellschaft.

1970/71 ging die Politisierung weiter; ich war bei einem der Pfadfinder-Treffen auf dem Dörnberg dabei, als völkisch kontaminierte Bezeichnungen wie „Gau“, „Thing“, „Späher“  samt der Pfadfinder-Kluft und dem „Versprechen“ in der historischen Mottenkiste verschwanden und aus „Feldmeistern“ und „Führern“ Vorsitzende und Leiter wurden. Nachdem  Misstrauensanträge gegen den linken Vorstand um Moritz von Engelhardt gescheitert waren, spaltete sich 1971 ein „liberal-progressiver“ Bund der Pfadfinder (BdP – mit kleinem „d“) ab und schloss sich mit den christlichen Bünden in einem neuen „Ring deutscher Pfadfinderbünde“ zusammen, während der BDP - nach Eigendarstellung ein „antifaschistischer, antirassistischer, multikultureller, innovativer, basisdemokratischer, selbstbestimmter, keiner Partei und Erwachsenenorganisation angeschlossener Jugendverband“ - 1972 im „Bund demokratischer Jugend“ eine neue Heimat fand.   Diese Pfadfinder waren genau das geworden, was die heutigen rechten Politstrategen einer „konservativen Revolution“ als „links-versiffte Alt-68er“ attackieren.

Ja, und dann gabs die erste „Große Koalition“ zwischen CDU/CSU und SPD, nachdem die FDP das Bündnis mit den Konservativen aufgekündigt hatte. Kurt Georg Kiesinger, einst begeisterter Nazi-Anhänger der ersten Stunde, wurde als Nachfolger Ludwig Erhards Bundeskanzler, SPD-Chef Willi Brandt Vizekanzler und Außenminister. Man verbesserte die soziale Sicherheit, z.B. durch Einführung der Lohnfortzahlung für Arbeiter im Krankheitsfall. Man senkte das Wahlalter von 21 auf 18 Jahre (nachdem 18jährige ja auch bereits Wehrdienst fürs Vaterland leisten mussten).

Wirtschaftsminister Karl Schiller (SPD) und Finanzminister Franz Josef Strauß (CSU) brachten (als „Plisch und Plum“ benannt nach Comic-Figuren des Altmeisters Wilhelm Busch) die erste Wirtschaftskrise nach dem Wiederaufbau-Boom, genannt Wirtschaftswunder, und die erstmals wieder gestiegene Arbeitslosigkeit mit milliardenschweren Investitionsprogrammen rasch in den Griff. Aber die GroKo nutzte ihre Zweidrittel-Mehrheit auch dazu, die verfassungsändernden „Notstandsgesetze“ durchzuboxen. Gegen dieses „neue Ermächtigungsgesetz“ erhob sich breiter gesellschaftlicher Widerstand von den Gewerkschaften über die Ostermarsch-Friedensbewegung bis zur Studentenbewegung. Die APO war geboren, die Außerparlamentarische Opposition.

Mitte März 1968 sorgten in Nürnberg Massenproteste gegen den SPD-Parteitag für „Schwere Tumulte“, so empörte Presseberichte. SPD-Fahnen wurden von den Masten geholt und symbolträchtig verbrannt auf dem „Platz der Opfer des Faschismus“. Willy Brandt und andere prominente SPD-Politiker mussten sich durch die Demonstranten ihren Weg in die Meistersingerhalle bahnen, wobei Herbert Wehners Pfeife verlorenging. Kabarettist Blome hatte sich als Musiker verkleidet in die schwer bewachte Halle geschmuggelt und aus seinem Geigenkasten von der Bühne Flugblätter auf die Genossen regnen lassen, in denen zur Diskussion mit den Demonstranten aufgefordert wurde. Bei den späteren Prozessen gegen zwei Jugendliche, die fotografiert wurden, denen aber keine Beteiligung nachgewiesen werden konnte, tänzelte auch Fritz Teufel mit seinem Gefolge aus der Berliner „Kommune 1“ ums Nürnberger Justizgebäude  und sonderte am laufenden Band witzige Sponti-Sprüche ab.

Wesentlich dramatischer ging es bei einer NPD-Kundgebung mit Parteichef Adolf von Thadden zu. Mit dem Ruf „Ein Adolf war genug!“ wurde die Messehalle gestürmt, in der bereits 300 Demonstranten bezahlte Plätze unter den rund 1000 Nazi-Sympathisanten eingenommen hatten. Gemeinsam sprengten sie die Veranstaltung. Im gleichen Monat stimmten am Nürnberger Ohm-Polytechnikum 1208 Ingenieur-Studenten (bei 43 Enthaltungen) für einen monatelangen Streik gegen ihre geplante Abstufung zu „Technikern“.

Der Pariser Mai 68 mit dem deutsch-französischen Studentenführer Daniel Cohn-Bendit gab der Protestbewegung weiteren Schwung.

Im März 68 war in Nürnberg wie überall im Land ein basisdemokratisch organisierter „Republikanischer Club“ gegründet worden, der die Protestaktionen koordinierte und dessen lose Mitgliedschaft von Altkommunisten der verbotenen KPD über frustrierte Sozialdemokraten und Gewerkschafter, rebellische Jugend- und Schüler-Organisationen bis zum linken Flügel der FDP reichte. Wortführer waren die Erlanger SDS-Mitglieder Elmar Altvater, Freerk Huisken, Christel und Arnhelm Neusüß, die später in Berlin und Bremen renommierte Wissenschaftler wurden. Die einen wollten nur die Freiheitsversprechen unseres Grundgesetzes beim Wort nehmen, die anderen liebäugelten mit sozialistischen Gegenmodellen zum imperialistischen Kapitalismus. Doch bald führte das zu Ernüchterung und Spaltung, als sowjetische Panzer in Prag 1968 Alexander Dubceks Experiment eines „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ niederwalzten.

Ein Jahr später war auch die erste GroKo am Ende. Wahlsieger Willi Brandt wurde Bundeskanzler. „Mehr Demokratie wagen!“ versprach seine Regierungserklärung. Mit seinem Chefberater Egon Bahr leitete er gegen erbitterte Widerstände der Opposition die neue Ostpolitik „Wandel durch Annäherung“ ein, die zwanzig Jahre danach wesentlich zur deutschen Wiedervereinigung beitragen sollte.

In seinem Buch über die deutsche Romantik meint Rüdiger Safranski, die 68er Bewegung sei romantisch gewesen, und das sei politisch gefährlich. Mag sein, dass sie in manchen Zielvorstellungen romantisch war. Gefährlich scheinen mir eher die derzeitigen Versuche einer rechtskonservativen Rolle rückwärts. Gegen die müssen wir die Befreiung unseres Lebens seit 68 – das, was die Politik heute als „unser freiheitliches Wertesystem“ verkauft – entschieden verteidigen.

MANFRED SCHWAB      

Die Helden deiner Jugend erwachen zu neuem Leben! Dank des privaten Jahrhundert-Projekts eines Jahrhundert-Comicmachers: Don Pedro „Pit“ Wiechmann. In zwei absoluten Luxus-Prachtbänden versammelt er zwischen  handgeprägten Rindsleder-Einbänden auf 760 Seiten die Kreationen seiner Kauka-Zeit vor 5o Jahren: Andrax und Capitan Terror, Odinson und Odysseus, Ali Baba und Die Pichelsteiner, Tom und Biber, und und und. Über 50 Geschichten aus mehr als 20 Serien der besten spanischen Comic-Zeichner, davon über 200 Seiten Erstveröffentlichungen: Die Legende lebt!

 

Und mitten drin im ersten Band auf den Seiten 96 bis 99:  ICH !!!

Mit einem Gastbeitrag über die wildern 68er Jahre: „Trau keinem über 30!“  (siehe oben)

 

Hier das Liebhaber-Produkt  primo premium , die beiden bibliophilen Prachtstücke im Lederschuber, deren limitierte Auflage von 150 Paketen schon so gut wie weg ist: 

 

Bestellung bei donpedro@peter-wiechmann.de

 

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28. Januar 2019 1 28 /01 /Januar /2019 17:23

Mittelalterliche Handschrift begegnet zeitgemäßer Comic-Nacherzählung

 

Dr. Achim Jaeger und ich bestaunen die kostbare Handschrift

Dr. Achim Jaeger und ich bestaunen die kostbare Handschrift

Der Badischen Landesbibliothek ist es – wie hier bereits berichtet - mit Unterstützung namhafter Sponsoren gelungen, die Jahrzehnte als verschollen gegoltene ehemals Donaueschinger Wigalois-Handschrift aus dem Jahr 1420 für einen Millionenbetrag aus dem Ausland zurück zu kaufen. Jetzt wurde in Karlruhe dieser Kultur-Schatz von nationalem Rang der Öffentlichkeit präsentiert. Den Artusroman aus der Feder des fränkischen Ritters Wirnt von Gräfenberg ließ die Bibliotheksdirektorin Freifrau Dr. Hiller von Gaertringen mit einer Videoprojektion der 30 kolorierten Federzeichnungen aus der Handschrift lebendig werden. Als anschauliche zeitgemäße Nacherzählung des Versepos empfahl sie dabei auch unser Gräfenberger Comic-Album (vielen Dank!), das bei der Präsentation zum Verkauf ausgelegt war und beim fachkundigen Publikum regen Zuspruch fand.

Neben prominenten Vertretern der Sponsoren und der Kulturpolitik begrüßte die Bibliotheksdirektorin auch drei Mitglieder des Kulturvereins Wirnt von Gräfenberg: Den 2. Vorsitzenden Dr. Willi Hardeck, Rainer Hammerich und mich. Wir waren auf ihre Einladung zu der anschaulich gestalteten Präsentation des „Wigelis vom Rade“ nach Karlsruhe gefahren und konnten die rund 600 Jahre alte wertvolle Original-Handschrift aus der Manufaktur-Werkstatt des Diebold Lauber im elsässischen Hagenau ehrfürchtig in einer Glasvitrine bewundern.

Unsere siebenstündige Bundesbahn-Rückreise ähnelte allerdings etwas den Abenteuern des Glücksritters Wigalois: Der Abend-IC um 19:06 Uhr nach Nürnberg fiel nach dreiviertelstündiger Wartezeit im Bahnhof Karlsruhe wegen Triebwagenschaden aus. Die letzte Gräfenbergbahn war damit nicht mehr zu erreichen. Ein IC nach Stuttgart, ein ICE von dort Richtung München, der Night-Jet ab Augsburg und schließlich ein Taxi (der Taxifahrer ein Student aus Pakistan) brachten uns auf Umwegen zwei Stunden nach Mitternacht glücklich nach Hause. Ein besonderes Lob gebührt dabei der freundlichen Zugbegleiterin im ICE, die unsere weitere Heimreise mit Night-Jet und Taxi organisierte, nachdem sie telefonisch erkundet hatte, dass der Service-Point in Nürnberg bei unserer Ankunft bereits geschlossen sein würde.


 

Wigalois "entrüstet" sich auf Burg Roimunt

Wigalois "entrüstet" sich auf Burg Roimunt

Bitte schon mal vormerken: Neues vom Glücksritter Wigalois gibt’s beim mittelalterlichen 7.Gräfenberger Bürgerfest vom 12. bis 14. Juli 2019. Am Sonntag, 14. Juli um 18 Uhr wird eine Kammerversion unserer Kinder-Märchenoper „Der Zaubergürtel des Wigalois“ mit Chor, Solisten und Instrumentalgruppe konzertant in der evangelischen Gräfenberger Kirche aufgeführt.

Und im Vorfeld, am Freitag, 5. Juli um 19 Uhr, hält Dr. Achim Jaeger aus Düren, Autor der Dissertation „Ein jüdischer Artusritter“, im Gräfenberger Rathaus einen Vortrag über die jiddische Vers-Adaption des Wirnt’schen Artus-Romans (drei Handschriften aus dem 16. Jhd. sind überliefert) und deren Verbreitung durch den Altdorfer Jura-Professor Johann Christof Wagenseil (veröffentlicht 1715 in Frankfurt/Oder) sowie die Parodie  vom bildschönen Ritter Widuwilt des Nürnberger Pfarrers Johann Ferdinand Roth (anonym veröffentlicht 1786).

Vigelis vom Rad: Schnitt-Beschriftung

Vigelis vom Rad: Schnitt-Beschriftung

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9. Dezember 2018 7 09 /12 /Dezember /2018 01:27

Die Abenteuer des Donaueschinger Wigalois

"Die ehemals Donaueschinger Wigalois-Handschrift, ein nationales Kulturdenkmal von

exzeptionellem Wert, fand ihren Weg nach Karlsruhe.

Um das Jahr 1215 erzählte der fränkische Dichter Wirnt von Grafenberg in diesem Versroman die Geschichte des Titelhelden Wigalois, der am Hof des Königs Artus zum Ritter ausgebildet wird. Von dort bricht er auf, um das Reich Korntin von seinem Usurpator Roaz zu befreien und seiner rechtmäßigen Königin Larie zurückzugeben.

Die Handschrift entstand um 1420 im elsässischen Hagenau (zu Wirnts Lebenszeit Stammsitz der staufischen Könige, seiner möglichen Auftraggeber. M.S.). Hier produzierten Schreiber und Illustratoren repräsentative „Klassiker-Ausgaben“ der deutschen Literatur auf Vorrat für einen Käufermarkt. Daraus entwickelte sich die Werkstatt des Diebold Lauber als großes kommerzielles Unternehmen, das zwischen 1427 und 1471 nachweisbar ist und erst zu Beginn der Buchdruck-Ära einging. In zwei seiner Bücheranzeigen wird unter den lieferbaren Handschriften ein bebilderter Wigalois aufgeführt.

Die herausragende kunst- und kulturhistorische Bedeutung der Handschrift gründet auf ihrer lebhaften Illustration, die den Text höchst erzählfreudig visualisiert und aufschlussreich interpretiert. Enthalten sind 30 (von ehemals 31) halb- bis ganzseitige farbige Federzeichnungen in Grün-, Rot-, Gelb- und Brauntönen, die die Geschichte schwungvoll und vergnügt in Szene setzen.

Die Handschrift gehörte zum Grundstock der berühmten Fürstlich Fürstenbergischen Hofbibliothek in Donaueschingen. Seit der Erwerbung der Donaueschinger Handschriftensammlung durch das Land Baden-Württemberg 1993 war es Ziel, den vorab in Privatbesitz verkauften Codex zurückzugewinnen."

(Aus der Einladung der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe zur öffentlichen Präsentation  ihrer Neuerwerbung der ehemals Donaueschinger Wigalois-Handschrift am 24. Januar 2019).

PS: Das weltweit einzig bekannte Exemplar dieser Handschrift ist vor mehr als 25 Jahren privat verkauft worden und war seitdem verschwunden. Anfang 2016 ist es dann wieder aufgetaucht: Im Ausstellungskatalog der Antiquariatsmesse am Stuttgarter Schlossplatz (29. bis 31. Januar 2016) hat sie das Schweizer Antiquariat Bibermühle des Sammlers Heribert Tenschert für 2,4 Millionen Euro angeboten. (Quelle: „Die Zeit“  Nr.5 vom 28. Januar 2016, Seite 50). Jetzt konnte es mit Spendengeldern und Zuschüssen der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kulturstiftung der Länder, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie der Wüstenrot Stiftung zu einem unbekannten Preis für die Badische Landesbibliothek zurückerworben und der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden. Im Gräfenberger Ritter-Wirnt-Museumsstübchen können Besucher neben vielen anderen Exponaten und Dokumenten auch die Reproduktion einer Illustration aus dieser Handschrift in Plakatgröße und weiterer der 30 kolorierten Federzeichnungen bewundern. 

 

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20. September 2018 4 20 /09 /September /2018 14:42

Wasserstandsmeldung zur Bayernwahl: Während die Grünen ökologisch sauberes Oberwasser gewinnen, das aber nach der Wahl durch einen Koalitions-Tintenfisch eingeschwärzt zu werden droht, steht den Nichtschwimmern der SPD das Wasser bis zum Hals. Der Seehofer hat einen toten Fisch an Land gezogen und der Söder, dem die Fische davon schwimmen, macht im Nürnberger Jugendstil-Volksbad Trocken-Schwimmübungen. Die Freien Wähler stehen mit Rettungsring am Beckenrand. Die FDP versucht sich freizuschwimmen. Die Linke schnappt am Fünf-Prozent-Wehr nach Luft. Die AfD fischt wie immer im Trüben. Soweit metaphorisch gesprochen die Lage kurz vor der Bayerischen Landtagswahl. Mehr zum Thema könnt ihr in meiner Kolumne für das Oktoberheft des Nürnberger Sozialmagazins „Straßenkreuzer“ lesen, die hier als Vorabdruck Appetit machen soll auf weitere aktuelle Beiträge im Heft:

 

Bayerns Schande

 

Stellen Sie sich mal vor: An Ihre Wohnungstür klopft ein fremder Mensch, abgemagert und schlotternd vor Angst, und bittet um Hilfe. Bei ihm zuhause habe sich eine Räuberbande breit gemacht. Es herrsche Mord und Totschlag. Er will auf keinen Fall dahin zurück. Wie reagieren Sie?

 

Sicher folgen Sie Ihrem natürlichen Mitleid-Impuls, bitten den Fremden herein und versuchen bei einer Tasse Kaffee mehr aus dem Verängstigten heraus zu bekommen. Weitere Familienmitglieder gesellen sich dazu und beratschlagen, wie sie ihm helfen könnten. Da eins Ihrer Zimmer leer steht, nehmen sie ihn erst mal bei sich auf. Sechs Millionen Menschen in Deutschland helfen in ähnlicher Weise Flüchtlingen - freiwillig und ehrenamtlich.

 

Oder alternativ: Der angstschlotternde Fremde flößt Ihnen selber Angst ein. Vor allem, weil seit einiger Zeit wilde Gerüchte über die besondere Gefährlichkeit solcher Schutzsuchender kursieren. Blitzschnell schließen Sie Ihre Wohnungstür und drehen den Schlüssel dreimal um. Als Sie hören, dass der Fremde von einer Familie im Haus aufgenommen wurde, protestieren Sie gemeinsam mit anderen lautstark gegen diese „Überfremdung“. Schutz Suchende werden tätlich angegriffen. Unterkünfte gehen in Flammen auf.

 

Die Einen handeln als gute Christen: Menschlich. Sie wählen mehrheitlich in Bayern CSU. Die Anderen sind besessen von ihrer Angst. Auch das ist menschlich. Sie setzen auf die AfD, die diese Ängste schürt und eine rigorose Abschottungspolitik fordert. Für die bevorstehende Landtagswahl bedeutet das: CSU-Abgeordnete könnten Mandate verlieren, die Partei ihre Alleinherrschaft. Doch statt einer christlichen und sozialen Alternative kriecht sie der AfD in den braun-verschmierten Aller-Unwertesten. Ihr „C“ hängt sie mit einer scheinheiligen Kruzifix-Hängordnung amtlich an den Nagel. Das bringt sogar den Oberhirten der deutschen Katholiken, Kardinal Marx, samt seinem protestantischen Kollegen auf die Palme. Der Bamberger Domkapitular Peter Wünsche sieht sich nach 44 Mitgliedsjahren zum CSU-Austritt genötigt. Selbst Arbeitgeber laufen Sturm gegen eine absurde Abschiebepraxis, die ihnen dringend benötigte und gut integrierte Arbeitskräfte in Handwerk, Gastronomie und Pflege raubt.

 

Der „Erfolg“: Die Umfragewerte der CSU sinken auf 35 Prozent! Damit könnte sie nur zwischen einer schwarz-grünen und evtl. einer schwarz-braunen Koalition wählen. Prompt fordern Vertreter des innerparteilichen „Konservativen Aufbruchs“ wie der Erlanger Stadtrat Rohmer ein Bündnis mit der AfD: bloß nicht mit den Grünen! Wächst da zusammen, was nicht zusammen gehört?

 

Der Irrtum der CSU: Es gibt in unserer vom Nazi-Krieg nachhaltig sensibilisierten Gesellschaft keinen Rechtsruck! Nur krampfhafte Versuche, die politischen Gewichte zu verschieben. Was die schon immer vorhandenen Rassisten und Antisemiten aus der Mitte der Gesellschaft ermutigt, wieder offen und brutal Farbe zu bekennen. Aber zwei Drittel der Deutschen beklagen diese Verrohung der Politik.

 

Der Niedergang der einstigen Volksparteien ist freilich weitgehend politische Selbstverstümmelung: Auch der SPD sind ihre Stammwähler abhandengekommen, seit sie mit harten Einschnitten ins soziale Netz der Wirtschaft unter die Arme gegriffen hat, auf Kosten der Arbeitnehmer. Hat zwar Arbeitsplätze gebracht – aber was für welche? Ja, die altehrwürdige Sozialdemokratische Partei - in den Wählerumfragen zur Landtagswahl gleichauf mit der AfD bei 11 Prozent! Muss diese Schande nicht jedem anständigen Bayern die Schamröte ins Gesicht treiben? Das hat die Partei, aus deren Reihen einst Kurt Eisner kam, denn doch nicht verdient. Kurt Eisner, der Begründer und erste Ministerpräsident des „Freistaat Bayern“, der vor 100 Jahren Seite an Seite mit dem Bauernführer Ludwig Gandorfer die über 700jährige Herrschaft der Wittelsbacher unblutig beendete. Der in den nur 105 Tagen bis zu seiner Ermordung das Frauenwahlrecht und den Acht-Stunden-Tag einführte und in seiner Regierungserklärung verkündete: „Jedes Menschenleben soll heilig sein!“

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22. Juni 2018 5 22 /06 /Juni /2018 23:45
buergerforum.graefenberg@web.de
 
22. Juni um 10:35
 
Liebe Mitstreiter,
 
der Gräfenberger Stadtrat und das Bürgerforum rufen zu einer Kundgebung gegen einen AfD Infostand auf dem Gräfenberger Marktplatz auf
 
Uhrzeit: 10 Uhr bis 13 Uhr, am morgigen Samstag, den 23.6. 18
 
wir haben eine kleine Ausstellung über die AfD von VVN
 
Bürgerforum Gräfenberg
 
(OK - den hemmungslosen  National-Chauvinisten müssen aktive Demokraten, denen An- stand, Menschlichkeit und Vernunft noch etwas bedeutet, klare Kante zeigen. Aber eine kleine Zwischenfrage: Demonstriert da auch jemand gegen eine christliche Volkspartei, die bei ihrer Jagd nach der absoluten Mehrheit anscheinend glaubt, die AfD rechts überholen zu müssen? Der kleine Unterschied nach eigener Aussage: Sie habe im Gegensatz zur AfD die Macht, in Bayern etwas politisch durchzusetzen. Etwa das, wofür die Schein-Alternativen den Ton vorgeben? Merke: Scheinbar einfache Lösungen sind meist einfach Scheinlösungen! Die Landtags- wahl wird zeigen, wie viele Wähler in Bayern darauf reinfallen).
 
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12. April 2018 4 12 /04 /April /2018 14:26

Meistersinger-Ehrenbrief

 

Gedenklesung für die verstorbenen Preisträger und SprecherInnen der

Werkstatt Nürnberg-Fürth im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt e.V.

 

Gewidmet unserem am 25. März gestorbenen Freund und Kollegen Erich Ude.

 

Aus den Werken von                          - Kurt Karl Doberer (1904-1993)

                                                           - Wolf Klaußner (1930-2005)

                                                           - Manfred Koch  (1947-2015)

                                                           - Edith Nikolajsen (1947-2017)

                                                           - Monika Rohr 1940-2016)

                                                           - Wolfgang Senft (1956-2009)

                                                           - Walter Zahorka (1933-2005)

 

lesen die Mitglieder der Werkstatt Marco Frohberger, Jutta Jarosch, Olga Jordan, Ralf Rühe, Manfred Schwab, Leonhard F. Seidl, Brigitte und Udo Stenzhorn, Birgit Waldmann.

 

Dazu gibt’s eine musikalische Weltpremiere:

Die strahlende opernerprobte Sopranstimme von Ute Rüppel und

der rauhbeinige Grizzlybären-Bariton von Liedermacher Werner Lutz

erklingen zum allerersten Mal im Duett!

 

Mittwoch, 18.April 2018, 19:30 Uhr,

Kulturzentrum Nord (KUNO),

Wurzelbauerstr. 29

 

Eintritt frei!

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6. Februar 2018 2 06 /02 /Februar /2018 10:43

Hereinspaziert und Anne Klinges verblüffend-amüsante Figurentheaterkunst in der Frankonia-Halle Gräfenberg erleben!

Ihre poetischen Füße spielen sich mit Charme und Können um die ganze Welt: spektakuläre Auftritte beim Internationalen Comedy Festival in Sydney, wo sie vor 2000 Zuschauern im Opernhaus gastierte. Varieté in Japan, EXPO in Shanghai, Vorstellungen in Peru und dazu weltweite TV-Auftritte. Dieses Fußtheater ist immer ein Erlebnis der großen Figurentheaterkunst und äußerst vergnüglich. Zwischen Auftritten in der Schweiz und Österreich gastiert Anne Klinge aus Betzenstein jetzt auf Einladung des Kulturvereins in Gräfenberg. Ein Poeten-Eckela der Extraklasse für die ganze Familie!

 

„Der Fußmord“, der schon über 40 Millionen Mal auf YouTube geklickt wurde, ist eine Love-Story der besonderen Art. Doch auch die anderen Geschichten sind ein einzigartiges Erlebnis: Ein kauziger Fischer angelt vergeblich, denn die plötzlich aufgetauchte Nixe ist viel zu groß für seine Pfanne, aber vielleicht doch noch anderweitig brauchbar..? Dann ist da noch Rudi, der alleinerziehende Kellner, der sich reizend verzweifelt um sein schreiendes Schöpfkellen-Baby kümmert. Was hier der alleinerziehende Vater, ist da die alleinwurstelnde Hausfrau, doch dieser Haushalt wird auch noch lebendig und endet zwangsläufig im Chaos. Da bleibt ihr nur noch eines: strippen bis die Füße glüh‘n. Am Ende hat man jede der schrulligen Figuren ins Herz geschlossen und plötzlich fällt einem wieder ein: das waren „nur“ Füße, Beine, Arme, Hände – die Füße von Anne Klinge.

 

Sonntag, 25. Februar 2018, 16 Uhr (Einlass: 15 Uhr)

Frankonia-Halle Gräfenberg,

Ecke Hubertusstraße/Lärchenstraße

 

Eintritt: 8 Euro VK, 10 Euro AK, (7 Euro ermäßigt)

Karten-Vorverkauf:

Schreibwaren Singer, Sparkasse und Raiffeisenbank Gräfenberg.

Veranstalter:

Kulturverein Wirnt von Gräfenberg in Kooperation mit der Stadt Gräfenberg.

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1. Januar 2018 1 01 /01 /Januar /2018 18:38

 

Wir galoppiern ins neue Jahr

trotz minimierter Renten

mit Sektknall, falschem Kaviar

auf forschen Fake-News-Enten.

 

Wir fragen nicht nach Sinn. Wohin,

das wird sich finden.

Wir hüpfen auf dem Trump-olin,

bis uns die Sinne schwinden.

 

Wurscht, was uns heuer blühen wird:

Ob GroKo, KoKo, NoKo  –

Wir nehmens hin ganz ungeniert,

uns geht’s vorbei am Popo.

 

Pegida und die A-eff-de,

die hetzen weiter grämlich

auf alles was nicht deutsch -herrjeh

wie ist das herrlich dämlich.

 

Es waltet weiter halt der alten

Geld-Multis dreiste Stirn.

Der Rechtsdrall der wird beibehalten,

Prost! Schaltets aus, das Hirn!

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10. November 2017 5 10 /11 /November /2017 11:47

Vor zehn Jahren, während Gräfenberg von Neonazi-Aufmärschen terrorisiert wurde, die das Bürgerforum mit phantasievollen Gegenaktionen beantwortete, bildete sich im Ritter-Wirnt-Städtchen zugleich eine Bürgerinitiative der etwas anderen Art: Das „Poeten-Eckela“. Nach dem Vorbild anderer Städte hieß es ab 2007: „Gräfenberg liest!“ Die Idee: Mitbürger lesen einmal im Monat aus ihren Lieblingsbüchern oder stellten ihre Lieblingsautoren vor und plaudern darüber mit dem Publikum. Am 6. Oktober 2007 startete die Lesereihe am gemütlichen grünen Kachelofen in der „Wirthschaft zum Eckela“ mit der Gräfenberger Bücherei-Leiterin Helga Vogler. Seitdem lasen hier an 75 Sonntagnachmittagen 62 mehr oder weniger prominente Bürgerinnen und Bürger, zwischen elf und 81 Jahre alt. Moderiert wurde der literarische Kaffee-Plausch von den Initiatoren Otto Müller und Manfred Schwab.

 

Besondere Highlights waren die Lesung von Erich Ude, Ehrenmitglied des Nürnberger Staatstheaters und Regisseur/Hauptdarsteller des Marktspiels „Gräfenberger Friedensplätzler“ und von Ewald Arenz (zum fünfjährigen Jubiläum).

 

Die 75. Lesung am vergangenen 29. Oktober war zugleich der 2. Gräfenberger Wigalois-Poetry-Slum, mit dem künftig jeweils im Herbst die neue Lesestaffel begonnen werden soll. Die Lesungen finden inzwischen an verschiedenen Orten statt, vor allem in „Friedmanns Bräustüberl“ vor dem restaurierten Hiltpoltsteiner Tor.

 

Zum 10jährigen Jubiläum am Sonntag, 12. Oktober um 16 Uhr liest im Historischen Rathaus Gräfenberg  Helmut Haberkamm unter dem Motto: „Horch amoll – siggsdersla!“

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