SoundCheck Nr. 11
Nachdem der Sommer und die Urlaubszeit sich ihrem Ende zuneigen, ohne wirklich da gewesen zu sein, wirds langsam Zeit, mit Hans-Jürgen Heise vom Landurlaub zurück zu kehren. Viel Spaß bei dieser Rückkehr, und parodistische Grüße aus dem Süden!
Landgang
(im Hans-Jürgen-Heise-Sound)
Eine steife Brise segelt
landwärts / kämmt die Wellen
bläht die Hosen
der Matrosen
Bei der Verfolgung
flüchtiger Laufmaschen
im Tanga-Schritt
stößt der Maat auf die Vernetzung
der Strümpfe
mit dem Jugendschutzgesetz
Aus der Poseidon-Bar
wankt dem gelöschten Schiff
hoher Seegang entgegen:
Vom Landurlaub zurück
SoundCheck Nr. 10
Um die Liebe dreht sich ja fast alles, nicht nur im Mai. Da der auch schon wieder fast vorbei ist, noch schnell ein zweites Frühlings-Liebesgedicht nachschieben, diesmal die
Liebesgeleut
(im Ulla-Hahn-Sound)
Brennessel reckt sich
voll Saft und Kraft
entbrennt in wilder
Leidenschaft
für eine weiße Wicke.
Dieselbe rankt sich zart
an ihr empor
nach Frauenart
Der Nesselsaft
brennt fürchterlich
Voll Wonne windet
die Wicke sich
Die Tugend besiegt
die Jugend zuletzt:
Die Liebe wird Herz über Kopf
durch einen Trau(ten)
Schein ersetzt
Der Frühling naht mit Grausen - und auf Frühling reimt sich Liebling, zugegeben etwas unrein. Aber wer steht schon auf reine Liebe. Also diesen Monat eine Liebesgedicht-Parodie frei nach Günter Herburger, den ich sehr schätze:
Liebesgesang der Wale
(im Günter-Herburger-Sound)
Komm bald
sei nicht kalt
liebe dich wie ich mich
Komm nackt
ein jeder Liebesakt
ist sicherlich richtig
Komm spontan
wie die Stewardess mit dem Exportkaufmann
nur nicht so zappelig
Hände brauchen wir zur Liebe nicht
es geht auch ohne Knie
Marie, Marie
lass uns wie Wale in den Wellen tanzen
das wird sich lohnen:
120 Quadratmeter erogene Zonen!
Wo so viele Tonnen
schwerelos aufeinander liegen
Haut an Haut sich schmiegen
zwei Berge der Lust
zärtlich und ungeheuer selbstbewusst
Empfindungen tief wie das Meer
und dann
hebt ein Geigen und Flöten und Singen an
von Kontinent zu Kontinent
ein gewaltiger Liebes-Looping
vom Eismeer in die Karibik und zurück
bis vom großen Gesang der verliebten Wale
alles Eis dieser Welt
geschmolzen ist
Heut mal für Yaak Karsunke und seinen eigenwilig-bizarren Schreibstil eine kleine parodistische Liebeserklärung. Ach, wären doch die heutigen Jung-Lyriker auch so unverwechselbar...
was Aki alles reinfrisst
(im Yaak-Karsunke-Sound)
das könnt ihr mir glauben
: ich hab sie :
noch alle geschafft erzählt Aki
mein hilfsarbeiter-kollege
& : anbrennen lässt unser 1 nix
also : zum frühstück erstmal
nen hotdog durch Hannas schrippe
gezogen : & ordentlich senf drauf
: scharf sag ich euch!
& am mittag hackepeter
: roh & dabei ne salzgurke
in Olgas rohr geschoben
: ein rohrleger kennt da nix!
& abends geschälter spargel
in Almas saftigem schinkenomelett
& : 1 hinter die binde gegossen
: macht dich geil wie 1 stier!
das kostet mich wenig sagt Aki
& paar stunden später steht er
frisch & munter schon wieder vorm werktor
& mit schwung schiebt er seinen steifen
: streifen in die stechuhr rein
Ach, schon wieder sooo alt, das neue Jahr, und noch nichts gebloggt! Höchste Zeit, mit meinen guten Wünschen fürs Neue wieder einen Soundcheck abzuliefern. Nachdem bei Airbus in Bayern derzeit tausende Mitarbeiter auf unschöne Art das Fliegen lernen sollen, widme ich ihnen mitfühlend diese zugegeben etwas angestaubte Parodie:
Die Himmelfahrt der Familie Dornier
(im F.C.-Delius-Sound)
Das ist die Moritat
von der Familie Dornier
dem Denver-Clan vom Bodensee
der kam nicht mehr klar
mit dem ganzen Schnee
Der Familienrat war grad dabei
der Vaters Erbe auszulöffeln
wie'n Frühstücksei
da eilte Claudius, Clan-Chef und Gott
herbei auf seinem Großflugboot
Zu Späth! Alles hie -
es beugt auch Claudius murrend das Knie
vor dem neuen Stern überm Bodensee.
Das war die Himmelfahrt
der Familie Dornier.
O Sarrazin, o Sarrazin
wie welk sind deine Blätter!
Dem Moslem bis du gar nicht grün
lässt keinen grünen Zweig an ihm
O Sarrazin, o Sarrazin
bei Frost und Winterwetter!
O Sarrazin, o Sarrazin
Deutschland braucht deutsche Kinder!
Wie ist die Krippe kinderleer
Ausländerkindlein zähln nicht mehr –
O Sarrazin, o Sarrazin
du Untergangs-Verkünder!
O Sarrazin, o Sarrazin
wie deutsch ist deine Kehle!
Verhungern soll der Türken Brut,
nur wer der Wirtschaft nützt ist gut.
O Sarrazin, o Sarrazin
sprichst Manchem aus der Seele!
O Sarrazin, o Sarrazin
du kannst uns wohl gefallen!
Weil du doch Deutschlands Retter bist
auch wenns so gar nicht christlich ist.
O Sarrazin, o Sarrazin
Profit steht über allem!
O Sarrazin, o Sarrazin
lass dich als Heiland grüßen!
Der Präsident lobt deinen Mut.
Wer arm ist tun dem Staat nicht gut.
O Sarrazin, o Sarrazin
Deutschland liegt dir zu Füßen!
O Sarrazin, o Sarrazin
nur eines muss man tadeln!
Was treibst du in der EsPeDe
du hochbezahlter Protegé?
O Sarrazin, o Sarrazin
braun sind doch deine Nadeln!
(aus: "GeisterFahrer")
SoundCheck Nr. 5:
Aus aktuellem Anlass gibts heute einen Gast-Soundcheck von Thomas Michael Brons: eine Parodie auf Rilkes "Herbsttag".
Thomas ist am 11. November 70 Jahre geworden. Die Werkstatt Nürnberg im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt e.V. hat ihm dazu ihren 5. Nürnberger Meistersinger-Brief verliehen. Sie ehrt ihn außerdem mit einer Lesung aus seinen Werken am Donnerstag, 28. November 2013 um 19 Uhr im Nürnberger Kulturzentrum Nord (KUNO), Wurzelbauerstraße 29. Mehr dazu unter Aktuelles/Termine.
autumn blues
(Gast-Parodie von Thomas Brons, im Rilke-Sound)
herr es ist zeit
der sommer war nicht eben groß
leg deine schatten auf die neonuhren
und auf den fluren
lass die krise los
wer jetzt kein haus hat
baut sich keines mehr
wer arbeitslos ist
wird es lange bleiben -
annoncen lesen und gesuche schreiben
und beim spazierengehen
dann und wann
die menschen lachend essen sehen
durch geschlossne fensterscheiben
Zu singen in den Armenküchen der Nation
Angela, du Küchenwunder,
du regierst mit milder Hand
- ohne wirklich zu regieren -
mütterlich das Vaterland.
Es beglückt uns deine Kochkunst
und dein Lächeln früh bis spat -
Doch die Kelle kriegt zu spüren
wer sich deiner Küche naht!
Von Merz und Koch bis / Gut-ten-bä-hä-härg
Von dem Röttgen / bis zum Wulf:
Abgekocht die / Männer-Rie-hi-ge -
du a-hal-la-ei-ne-he kochst fü-hür uns.
Stehst alterna-tivlos da-ha-ha:
Heil Regina Angela!
Mein SoundCheck 03 nimmt die Lyrik des frühen Grass bewundernd auf die Schippe:
Nachteile der Windeier
(im frühen Günter-Grass-Sound) Wir sitzen im Windei, ein-eiige Zwei. Pempelfort und Krudewil spitzen die Stifte und kritzeln Schweinereien an die Innenwand den Horizont zu weiten durch Zoten. Das Leben im Windei ist zugig und bescheiden. Die Wände viel zu dünn, mit dem elften Finger Blech zu trommeln. Wir ziehn uns zurück in ein windstilles Eck. Auch Windeier haben verschwiegene Winkel. Aus Zugluft und Eischnee backen wir uns eine kleine graue Gelegenheits-Muse zum Schmusen und zum Fummeln. Die Schale knackt, Spagat, der Dotter spritzt. Wer sagt der Engel sei zu trocken und zu eng? Durch die Pforte des Himmlischen Friedens kriecht rotzig und rostrot ans Licht der Welt eine heilige Schnecke, schwellenscheu. Die bösen Köche packen sie, wie zu erwarten war, obschon signiert von GG, und haun sie in die Pfanne.
SondCheck 02:
An alle Telekom-Kunden
(im Hans-Magnus-Enzensberger-Sond)
Lies keine Roten, mein Sohn:
Lies die Postleitzahl-Bibel,
die dicke Ode an Niemand,
die ganz andere Bibliothek.
Versteh den kleinen Verrat.
An alle Telekom-Kunden:
Hier spricht Hans Magnus Guck-in-die-Luft
der fliegende Zappel-Phillipp, die
Furie des Verschwindens, die zusieht
wie Mehrwert, Hunger und Massaker
sich hemmungslos vermehren.
Anarchismus, Eskapismus, na klar -
soll ich mit den Fröschen von Bikini
in der Landessprache quaken, mich heiser
schrein in den Bombenkratern des Fortschritts?
Noch Öl ins Feuer gießen
des Kriegs der Furien gegen die Furien?
Dem General den Blutstreif an der Hose
zunäh'n mit meiner blinden Schrift?
Verteidigen die Wölfe gegen die Wölfe?
Was vermögen schon Wasserblasen der Poesie
gegen die gähnende Siegerin Gleichgültigkeit.
Aus Anlass des Todes von Sarah Kirsch, einer unserer hochgeschätztesten zeitgenössischen Lyrikerinnen, beginne ich in meiner Blog-Hütte eine Serie mit Lyrik-Parodien. Sie sind u.a. in meinen Büchern "Letzter Fischladen vor der Autobahn" und (teilweise) "Poetisches TamTam" veröffentlicht unter dem Titel "SoundCheck". Unter dem gleichen Titel veröffentliche ich ab sofort jeden Monat eine Parodie im Internet. Parodien - das sind für mich Liebeserklärungen der besonderen ART. Bin also schon neugierig auf die erbosten oder zustimmenden Kommentare der Fans (nicht meiner, sondern der parodierten KollegInnen).
SoundCheck 01:
Der Sommer geht vorbei
(im Sarah-Kirsch-Sound)
Schöner See, Zauberaug, du liegst mir schwer
Auf der Blase. Muß dringend mal
Dichten da kenn ich mich aus und
Vorbei fährt der Sommer
Auf seiner roten Diesel-Locke übern
Vergißmeinnichthimmel. Wie gern
Hätt ich der Droste noch schnelln
Schönen warmen Pullover gestrickt
Aus Wollgras und Sonnenfäden doch
Die gewittrigen Katzenfellwolken
Machen nen Strich mir durchs Muster
Der Landschaft. Heuregen, Heuregen.
Immer sind wir allein wenn der Herz
König untern Wirtstisch segelt
Und unsere leisen Schreie trommeln
Traurig aufs blütenweiße Blätterzelt. Ach,
Dir nur Bettina hätt ich die Schreibmaschine
Vermacht, unser Treppchen zum Ohr der Nacht.
So radel ich spätabends durch die Felder
Die Schelle am Fuß eine
Schlehe im Mund die Damen
Räder werden immer schnurriger und
Ich wundre mich oder
Wundre mich gar nicht mehr sehr
Über mich.