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14. November 2019 4 14 /11 /November /2019 20:04

 

Kurz vor dem geschichtsträchtigen 9. November flatterte mir wie vermutlich vielen Millionen Haushalten in der Bundesrepublik Deutschland ungebeten Post von einer gewissen Münzhandelsgesellschaft Deutsche Münze ins Haus. Angeboten wurde zum Jubiläum 1989-2019 ein „Feingoldbarren 30 Jahre Mauerfall“. Letzteren verursacht bildlich auf beiden Seiten des Goldstücks ein Trabi, der von hinten und von vorn eine Mauer durchbricht (oder eher drin stecken bleibt?). Die unwahrscheinlich symbolische Mauer-Ramme aus reinstem Gold, achtmal in verschiedensten Größen abgebildet, sollte „nur 29 Euro“ (plus 3,95 Euro Versand) kosten. Im Kleingedruckten versteckt findet sich ein Hinweis, dass dieser kaum Fingernagel-große „Barren“ in Wirklichkeit ganze  15,2  x 8,7 Millimeter groß und 0,32 Gramm (1/100 oz) schwer ist. „Mit dem mehrwertsteuerfreien Jubiläumsbarren…haben Sie die Gelegenheit, reinstes Gold für einen überschaubaren Betrag zu erwerben“, verkündet launig der Geschäftsführer. Bevor ich meinen „Zuteilungsanspruch“ verfallen ließ, hab ich mal im Internet nachgeschaut, was derzeit eine Unze Feingold kostet: Die Münze „Pamp Lunar“ mit Prägung „2019 – Jahr des Schweins“ wird für 1.391,57 Euro angeboten. Eine Hundertstel Unze Gold bekäme ich demnach für 13,92 Euro. Daraus sieht man, wie wertvoll uns doch das 30jährige Jubiläum der Maueröffnung ist und wer daran noch heute Millionen verdienen will. Kann man es da den deutschen Goldhamstern verdenken, wenn sie sich lieber das aktuelle Jahr des Schweins vergolden lassen?

Nach dieser Feingold-haltigen Münzhandels-Prosa als Zugabe zwei

meiner poetischen Rückblicke auf die Maueröffnung und ihre Folgen:

West-östliches Lotterbett

Sie waren so verschieden 

wie Ost und West wie Tag und Nacht

und doch hat die triebhafte Liebe sie 

irgendwie zusammengebracht

Sie fanden zueinander

überwanden die Mauer der Einsamkeit

und waren sich plötzlich so nah hautnah

einen stürmischen Frühling lang

 

Sie erglühten füreinander

in der purpurnen Farbe der Liebe

Der Eine in des Lebens Blüte

der Andere sterbend im sprudelnden Sud

 

Sie lag zwischen seinen Scheren

Säugt ihn an ihrer volkseigenen Brust

Sie küssten sich zärtlich sie küssten sich wild

und keuchten in heißer Vereinigungslust

 

Dann sagten sie artig adieu

mon amour und gingen ihres Wegs

Der Hummer und die Klatschmohn-Blüte

Herr Ex und Fräulein Hopp

 

Es war ja gar keine Liebe ach

was denn -  Nur die Sehnsucht danach

Und hundert Küsse voll Leidenschaft

nur hundert kleine Lügen?

 

Aber das ist doch die Liebe mein Herz:

Nur hundert kleine Lügen

nur tausend süße Lügen

zehntausend zärtliche Lügen

 

Utopie-Verbot

    

Als es nur den nackten kalten

Kapitalismus gab

ach wie hofften da die Menschen

auf den wärmenden Mantel des Sozialismus

 

Als sie den zerlumpten Mantel

des bürokratischen Sozialismus sahen

ach wie hofften da die Menschen

auf den herausgeputzten Kapitalismus

 

Als der Staatssozialismus eines Tages

seine reale Existenz aufgab

und der Turbo-Kapitalismus

die Weltherrschaft antrat -

wie fuhr da die Hoffnung von Generationen

ach ins finstere Grab

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